Ein zweistündiger Ritt durch Biologie, Chemie und Physik, gespickt von ein paar mathematischen Gemeinheiten. Die Karriere als Arzt beginnt mit dem Ham Nat Test. Jedes Jahr versuchen Tausende Abiturienten, alle Aufgaben zu lösen. Bisher gelang das keinem.
Ham steht für Hamburger Auswahlverfahren für medizinische Studiengänge, Natur für Naturwissenschaftsteil. Der Test, der als Auswahlverfahren für angehende Mediziner verwendet wird, löste 2007 die bislang üblichen Einzelinterviews ab. Der Medizinertest ist eine einzigartige Prüfung im Land. Sie ist schwerer als jede andere, so konstruiert, dass kaum einer alle Aufgaben lösen kann; jedenfalls hat es bislang noch kein Teilnehmer geschafft. Und sie ist für alle gleich.
Das Auswahlverfahren ist zugleich die Kapitulation der Universitäten vor der schieren Masse. Um die 43000 Bewerber ringen jährlich um die circa 9000 Studienplätze in medizinischen Studiengängen in Deutschland. Allein in Berlin ist das Medizinstudium sehr begehrt. Bis zu 6000 Bewerber pro Semester kommen auf 300 Studienplätze in Humanmedizin, 40 in Zahnmedizin. Von diesen Plätzen werden 20 Prozent an die Bewerber mit dem besten Abitur vergeben, ebenso viele an die Anwärter auf einer Warteliste. Die restlichen 60 Prozent rekrutiert die Uni aus den Tests. Die Charité ist eine von 19 Hochschulen, die den Medizinertest nutzt, erstellt von einer Firma in Bonn, ITB Consulting.
Die Rahmenbedingungen sind streng. Handys und Taschen dürfen nicht in den Saal. Wer eines schmuggelt, läuft Gefahr, per GPS geortet und vom Test ausgeschlossen zu werden. Der Toilettengang ist nur in Begleitung einer Aufsicht erlaubt. Getränke oder Snacks im Prüfungsraum sind tabu. Das Auswahlverfahren wirkt wie eine Ausnüchterungszelle für junge Menschen, die vom Medizinstudium träumen.
Nichtsdestotrotz gibt es viele Angebote rund um den Test, ein Geschäft mit dem Versprechen, etwas näher an den Bestwert von 178 Punkten zu kommen. ITB selbst bietet eine kostenlose Broschüre, zwei kostenpflichtige Bücher und ein Onlineportal zur Vorbereitung an. Manche Arbeitsagenturen stellen kostenlose Seminare, private Anbieter nehmen mehrere Hundert Euro. Der Wettbewerb ist groß. Einige scheitern, andere Studieninteressierte erfüllen sich ihren Traum vom Medizinstudium im Ausland.